Alles fauler Zauber, oder wie kommen die Preise von Online-Modulen sonst zustande? Nein, sie werden nicht ausgewürfelt, obwohl es manchmal den Anschein haben könnte. Doch mit Magie hat es schon etwas zu tun, dieses „Pricing“.
Ein Online-Modul ist ein „Gemischtwaren-Onlineladen“. Enthalten sind Gesetzestexte, Rechtsprechung, Kommentare, Hand- und Formularbücher, Ratgeber, Tabellen, Online-Kommentare, Online-Formulare, Zeitschriften, Newsletter und vieles, vieles mehr.
Doch wie bewertet man diese Menge an Inhalten in einem Modul. Bezahlt man zu viel oder macht man als Kunde ein „Schnäpchen“ gegenüber einem Kauf von Print-Publikationen? Doch, das kann man nachrechnen, zumindest annähernd.
Die Mär vom „free meal“
Nein, es gibt nichts geschenkt. Es ist wie bei dem Marktschreier auf dem Fischmarkt im Hamburg. „Ich tu noch einen Aal obendrauf und noch die Scholle. Wie soll ich das dem Chef erklären. Er wird mich feuern, aber egal, hier auch noch ein Stück Lachs dazu!“
So ist es auch bei juristischen Modulen, sie erhalten von den Vertriebs-“Magiern“ jede Menge „Inhalte“. Aber wie ist es um deren Werthaltigkeit bestellt?
Bewertung von Büchern im Modul
Da ist es noch einfach. Abschreibung heißt hier das Zauberwort. Mit jedem Jahr ist ein juristisches Fachbuch weniger wert, weil sein Inhalt veraltet. Nach vier Jahren brauchen Kommentaren und Handbüchern in der Regel eine Neuauflage. Wertverlust pro Jahr also 25 Prozent. Vier Jahre Nutzungsdauer sind 48 Monate. Buchpreis durch 48 geteilt ergibt den anrechenbaren Wert des Titels im Modul pro Monat!
Wenn das Buch älter als vier Jahre ist, ist sein Nutzwert in der Regel (es gibt auch Ausnahmen) nur noch gering und daher wird der Titel auf Null gesetzt.
Aber OBACHT, es gibt auch sogenannte „Jahreskommentare“ (oder Handbücher wie den Küttner). Diese werden jedes Jahr erneuert. Ein Beispiel dafür ist der BGB-Kommentar von Grüneberg (vorm. Palandt). Hier muß der Kaufpreis logischerweise durch 12 Monate geteilt werden.
Und OBACHT es gibt auch Kommentare oder Handbücher, die in einem zwei-jährigen Rhythmus aktualisiert werden. Hier wäre der bekannteste Vertreter der Zöller, ZPO-Kommentar von Otto Schmidt. Hier ist der Kaufpreis auf 24 Monate zu verteilen.
und bei Fortsetzungswerken?
Die ehemaligen „Loseblattwerke“ sind in der digitalen Welt zu Online-Kommentaren bzw. Online-Handbüchern mit variablem Erscheinungsrythmus geworden. Sie werden meist rascher aktualisiert als Bücher und bilden bei der Aktualität eine Produktform zwischen den quartalsweise aktualisierten Online-Kommentaren und den Print-/Onlineausgaben der Standardwerke, die bei Erscheinen der Druckauflage in das jeweilige Modul eingestellt werden.
Wie sind diese „Periodika“ zu bewerten? Erfahrungsgemäß muß man hier den Grundwerkspreis als Jahres-Abonnementpreis ansetzen. Diesen also durch 12 Monate teilen und schon haben wir den Monatswert. Eigentlich ganz einfach!
Was ist mit Zeitschriften?
Das sind eben digitale Ausgaben von Zeitschriften, nur ohne Werbung und Stellenanzeigen. Diese stehen jetzt als eigenes „Stellenportal“ im Netz und die Werbung kommt per Email ins Haus.
Der Jahrespreis der Zeitschrift wird einfach durch 12 Monate geteilt und schon haben wir den auf einen Monat entfallenden Anteil. Bei der Printausgabe zahlt der Kunde den Abo-Preis jährlich im Voraus. Bei der Online-Version stottert er ihn „kalkulatorisch“ monatlich ab.
Wichtiger Unterschied, die Printausgabe ist Eigentum des Abonnenten. Beim digitalen Abonnement im Rahmen eines Moduls handelt es sich um einen „Miet-Preis“. Sollte das Modul gekündigt werden, hat der Kunde keinen Zugriff mehr auf die Hefte der vergangen Jahre. Anders der Print-Anhänger. Er kann weiter fröhlich in seinen erworbenen Heften blättern!
Problem Online-Kommentar
Hier haben wir ein wirkliches Problem. Es existiert oft kein „Gegenstück“ in der realen Welt, der Print-Welt. Und Online-Publikationen nehmen zu. Sie sind kostengünstig zu „produzieren“ und schneller zu aktualisieren. Wie ermittelt man da rechnerisch einen Wert?
Lösungsansatz: Wir analysieren zunächst die Autoren. Handelt es sich um ein zitierfähiges Online-Standardwerk wie den BECK OGK SGB II oder SGB III oder einen Online-Kommentar für den ersten Zugriff? Dann suchen wir nach einem „vergleichbaren Titel“ im Print-Universum. Dessen Preis teilen wir durch 12 Monate. Das Vergleichsexemplar kann auch aus einem anderen Verlag stammen, nur die „Gewichtsklasse“ muss stimmen!
Da Online-Kommentare von ihrer Aktualität her fast Zeitschriften entsprechen, sind sie auch so zu veranschlagen! Bei den beiden OGK-Kommentaren ist das einfach. Früher „firmierten“ sie unter dem Namen „Gagel“. Beide Titel sind auch als Print-Grundwerk verfügbar (und haben damit einen Grundwerkspreis!) GW-Preis durch 12 Monate geteilt und fertig. Problem gelöst.
Bewertung der „Goodies“
Es gibt eine Größe, die sich dem betriebswirtschaftlichen Zugriff entzieht und das sind die “Goodies“. Dabei handelt es sich zum Beispiel um KI-Programme wie den Beck-Chat oder „Answers“ von Otto Schmidt. Da hätten wir auch noch die semantische Suche bei beck-online.
In diese Rubrik gehören auch Infodienste, Zeitschriftenarchive, nützliche Rechentools, Online-Formulare und und und. Kurzum, vieles was das Leben etwas einfacher macht und wie will man das in Cent und Euro bewerten? Das muss jeder potentielle Nutzer mit sich selbst abmachen!
Die „Unbekannte“ in der Rechnung
Eine weitere unbekannte Grösse bei der Wertberechnung ist das persönliche Nutzungsverhalten. Mit welchen Werken arbeitet der Abonnent und wie intensiv nutzt er oder sie das Modul und die enthaltenen Zusatzangebote (Goodies)? Das ergibt den “persönlichen Mehrwert“, den der Nutzer noch zum errechneten „neutralen“ Wert hinzurechnen muss.
Die „weggezauberte“ Mehrwertsteuer
Anders als bei Büchern die (in der Regel) mit ihrem Verkaufspreis (Bruttopreis) beworben werden, „zaubern“ die meisten Datenbank-Anbieter die Umsatzsteuer weg und nennen bei der Preisangabe nur den sogenannten „Nettopreis“ (ohne MWSt). Es findet sich nur ein kleiner Hinweis auf die Steuer im Zusatztext. Das macht das Modul „optisch“ billiger. Ein Basistrick aus der Zauberkiste der Preismagier.
Fazit
Diese Berechnung erhebt nicht den Anspruch wissenschaftlicher Präzision. Aber „pi mal Daumen“ plus „Faustformel mit Erfahrungswerten“ reichen aus, um einen annähernden Gegenwert für den geforderten Preis zu ermitteln. Eine Bewertung der „Goodies“ ist bei dieser Berechnung ebenso wenig möglich wie die Berücksichtigung des persönlichen Nutzungsverhaltens. Diese beiden Punkte muss jeder für sich ehrlich beantworten und bei der Wertberechnung ergänzen.