„Wir machen alles digital“ heißt es in vielen größeren Anwaltskanzleien. Darauf ist man stolz. Aber sind Printmedien, wie der Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung mit seinen vier gebundenen Bänden wirklich aus der Zeit gefallen, oder sprechen auch einige Argumente für die gedruckte Ausgabe?
Ein medialer Erfahrungswert spricht schon einmal dafür. Nie hat ein Medium ein anderes „untergehen“ lassen. Als das Fernsehen seinen Siegeszug antrat, verschwanden die „Rundfunkempfänger“ nicht, sie wurden ins Auto eingebaut, um dort weiter eine nützliche Rolle zu spielen. Und mit den beliebten „Podcasts“ ist diese „veraltete Technologie“ plötzlich wieder ganz vorne dabei.
Was sagt die Wissenschaft?
Bahnbrechend für den Diskurs zum Thema „Lesen und digitale Medien“ war die „Stavanger Erklärung“. Im Oktober 2018 trafen sich in Norwegen mehr als 130 Mitglieder der europäischen Forschungsinitiative „Evolution of Reading in the Age of Digitisation“ (E-READ) um die Ergebnisse ihre jeweiligen Forschungsprojekte zu diskutieren. Sie kamen zu dem Schluss: “Bildschirme und bedrucktes Papier sind als Lesemedien nicht gleichwertig.“ Die Abschlußerklärung aus Stavanger wurde in Deutschland am 22. Januar 2019 von der FAZ im Feuilleton veröffentlicht.
Aus der „Stavanger Erklärung“
Zwei Punkte die für eine Nutzung von Print-Werken in der juristischen Praxis sprechen: „Eine Metastudie von vierundfünfzig Studien mit zusammen mehr als 170.000 Teilnehmern zeigt, dass das Verständnis langer Informationstexte beim Lesen auf Papier besser ist als beim Bildschirmlesen, insbesondere wenn die Leser unter Zeitdruck stehen. Bei narrativen Texten wurden keine Unterschiede festgestellt.
Entgegen den Erwartungen zum Verhalten von „digital natives“ hat diese Unterlegenheit des Bildschirms gegenüber dem Papier in den vergangenen Jahren eher noch zu- als abgenommen, und zwar unabhängig vom Alter und von Vorerfahrungen mit digitalen Umgebungen.“ (Quelle: FAZ vom 22.01.2019)
Lebenslanges Lernen
Die Lern- oder Anpassungsfähigkeit ist in einer Zeit zunehmender Digitalisierung ein entscheidender „Wettbewerbsvorteil“. Das gilt für Menschen, Unternehmen und auch für Staaten (Ausnahme: Deutschland. Hier weiss man schon alles).
Insbesondere Juristen müssen sich immer wieder an geänderte rechtliche Rahmenbedingungen anpassen. Und ein wissenschaftlich fundierter Großkommentar wie der Münchener Kommentar zur InsO hat einiges an neuen Erkenntnissen für Insolvenzrechtsprofis zu bieten.
Ein „Lehrbuch“ für Experten
Großkommentare sind im weiteren Sinn „Lehrbücher“ für Experten. Hier finden sie Argumente für oder gegen ihre Rechtsauffassung, neue Sichten auf ihr aktuelles Problem oder sie „stolpern“ beim blättern im Kommentar zufällig über Erkenntnisse, die zwar nichts mit dem aktuellen Fall zu tun haben, die aber noch nützlich werden könnten.
Paralele Nutzung
Was spricht also gegen eine parallele Nutzung, wie gezielte Suche nach Fundstellen und Textauszügen für den Schriftsatz in der digitalen Version und eine „lesende“ Problemanalyse in der Print-Version. Ersteres spart wertvolle Arbeitszeit, das Zweite erweitert den fachlichen Horizont.
Und überhaupt, eigentlich müsste es für den Erwerb eines derartigen Grosskommentars Weiterbildungspunkte geben. Den wer ihn liest, ist Wissensmäßig klar im Vorteil.
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